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Kegelkrimi entscheidet sich im letzten Wurf

„Der Zweite ist der erste Verlierer“. So muss sich die überaus knappe, erst mit dem letzten Wurf Gewissheit gewordene, Final-Niederlage der Zerbster Kegler des SKV Rot Weiß in der Champions League im ungarischen Pápa am Sonntag gegen die Slowaken vom SK Zeleziarne Podbrezova angefühlt haben.
Die Anspannung war in der Halle zu greifen, die Anfeuerungsrufe der beiden Lager übertrafen sich je nach Spielstand gegenseitig. Denn bis zum Schluss war die Hoffnung auf die Titelverteidigung beim SKV groß und die Leistungen der Zerbster konnten sich absolut sehen lassen. Nur hatten dieses Mal die Gegner zum richtigen Zeitpunkt auch das Glück des Tüchtigen und gewannen mit dem letzten Wurf mit 4,5:3,5 Mannschaftspunkten (MP) trotz drei weniger erspielter Kegel (3748:3751). Unbändiger Jubel auf Seiten der Slowaken und tiefe Enttäuschung auf Seiten der Zerbster waren das Ergebnis eines aufopferungsvollen Kampfes und sehr guten Kegelsports auf beiden Seiten.
„Ritt auf der Rasierklinge“
Schon das Halbfinale am Sonnabend  gegen die Italiener vom KK Neumarkt war lange Zeit der sprichwörtliche „Ritt auf der Rasierklinge“. Die „Zavarko-Truppe“ stellte extrem offensiv auf. Gleich zu Beginn haderte Jürgen Pointinger gegen Armin Egger, einen der besten „echten“ Italiener, auf der schwer zu bespielenden Bahn besonders im Volle-Bild mit dem schlechten Kegelschlag und lag nach drei Bahnen bereits mit 0,5:2,5 Sätzen im Hintertreffen. Er holte aber auf seiner letzten Bahn noch einige Kegel zurück, so dass sein Duell zwar verloren ging, er bei 585:584 kegeltechnisch aber auf Augenhöhe blieb.
Gleichzeitig bewies Vilmos Zavarko (672) mit seinem Bahnrekord, dass auch auf der Anlage in Pápa sehr gute Ergebnisse möglich sind. Sein serbischer Nationalmannschaftskollege in den Reihen des SKV, Robert Ernjesi (631), hielt bei Satzgleichstand aber super dagegen, so dass sich der Rückstand des SKV im Gesamtergebnis trotz der zwei verlorenen MP in Grenzen hielt.
Im Mittelpaar holten die Rot-Weißen auf. Christian Wilke hatte den zweiten Starspieler der Italiener, Tamas Kiss (607), beim 3:1 mit 628 Kegeln vor allem im Abräumen recht sicher im Griff. Ähnlich sah es in der Partie von Manuel Weiß gegen Wolfgang Blaas lange Zeit aus. Doch ein schwaches letztes Abräumen und ein Fehlwurf im vorletzten Wurf hätte beinahe die ganze Arbeit der vorangegangenen 119 Wurf zunichte gemacht. Doch Blaas ging nicht durch die offene Tür, spielte den letzten Wurf ebenfalls vorbei, so dass am Ende ein 2:2-Unentschieden bei 612:612 Kegeln an der Anzeige stand.
Nun mussten die Zerbster Schlussspieler noch mindestens einen MP und die fehlenden 19 Kegel aufholen, um den Finaleinzug perfekt zu machen. Dies gelang vor allem Igor Kovacic eindrucksvoll. Gegen den jungen Alex Posch (536), der mit der riesigen Aufgabe auf den schweren Bahnen sichtlich überfordert war, spielte der zweite Serbe auf SKV-Seite wie aus einem Guss und zauberte mit 656 Kegeln beim 4:0 ein grandioses Ergebnis auf die Bahnen. Auch SKV-Kapitän Timo Hoffmann ging mit 2:0 in Führung, hatte aber mit den glatten Bahnverhältnissen zu kämpfen und musste sich am Ende dem stark aufkommenden Georg Righi (624) bei Satzgleichstand mit 599 Kegeln geschlagen geben.
Bis zum Jubel der Mannschaft dauerte es einen Moment, musste doch erst der recht enge Spielverlauf (4,5:3,5; 3711:3635) verarbeitet werden. Doch dann hallten die „Finale, oho...“-Gesänge doch durch die Kegelhalle in Pápa.
Das folgende zweite Halbfinale gewann dann Podbrezova (SVK) gegen den SKK Raindorf mit dem Ex-Zerbster Mathias Weber vor extrem lautstarker Zuschauerkulisse ähnlich knapp mit 5:3 (3634:3600). Die Raindorfer verloren bei ihrer CL-Final-Four-Premiere zwar auch das Spiel um Platz drei gegen Neumarkt mit 2:6 (3650:3745), enttäuschten jedoch keinesfalls im internationalen Konzert der „Großen“. Zavarko steigerte sich dort nochmals auf 682 Kegel, einfach grandios.
Am Finaltag stimmte SKV Teamchef Hoffmann seine Mannen noch einmal emotional ein: „Wir haben ein starkes und ausgeglichenes Team und wissen jetzt um die Tücken der Bahn. Darauf können wir uns einstellen. Wir müssen von Beginn an konzentriert arbeiten und wenn möglich gleich Druck aufbauen“. 
Dies gelang trotz guten Spiels im Startblock nur teilweise. Wie schon in ihrem Halbfinale hatten die Slowaken mit Jan Bina (650) und Erik Kuna (639) ihre vermeintlich besten Spieler nach vorn gestellt. Beide hatten immer wieder die besseren Antworten und konnten jeweils drei der vier Sätze knapp gewinnen, obwohl Weiß (637) und Wilke (632) stark gegen hielten.
Nur war es am Mittelpaar der Zerbster, die Punkte und die 20 Minuskegel aufzuholen. Ernjesi (635) holte gegen Tomas Pasiak (592) viele Kegel und vier Satzpunkte heraus. Gleichzeitig spielten Jürgen Pointinger und Jiri Vesely absolut auf Augenhöhe. Jeder gewann einen Satz, zwei endeten remis. Im letzten Wurf hätte Pointinger fast noch den Duellsieg geschafft, doch der neunte Kegel fiel nicht um und es blieb beim 618:618-Unentschieden.
Krimi nimmt seinen Lauf
Im Schlussdurchgang nahm der Krimi dann seinen Lauf. Zerbst brauchte unbedingt noch einen MP und musste die Kegel halten. Sowohl Kovacic als auch Hoffmann starteten durchwachsen und ließen ihre Gegenspieler im ersten Satz davon laufen. Doch bereits auf der zweiten Bahn holten sie alle Kegel wieder zurück und die Hoffnung auf den Sieg war groß. Doch dann drehten wieder die Slowaken auf. Peter Nemcek kaufte Hoffmann bei Satzgleichstand mit konstanterem Spiel bei 640:612 Kegeln den Schneid ab. Kovacic lag vor der Schlussbahn zwar 1:2 hinten, hatte aber einen erquicklichen Kegelvorsprung und die große Chance zum entscheidenden Punktgewinn. Doch der erfahrene Bystrik Vadovic behielt die Nerven, holte mit dem letzten Wurf seinen dritten Satz und gewann das Duell trotz 609:617 Kegeln.
Ärger, Trauer, Trübsal
Dann gab es für alle, die es mit Podbrezova hielten, kein Halten mehr und auf Seiten der Zerbster machten sich Ärger, Trauer, Trübsal ... breit.
„Wir haben wirklich gut gespielt, uns zum Halbfinale nochmal gesteigert. Aber der Gegner hat heute einfach überragend gekegelt, das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite gehabt und am Ende ein wirklich schönes und extrem spannendes Spiel gewonnen“, meinte SKV-Betreuer und NBC-Vize-Präsident Martin Herold später zum Spielausgang. 
Aber trotz der netten Worte konnte an diesem Abend wohl niemand die Zerbster über die verpasste Titelverteidigung in der Champions League hinwegtrösten. Dabei ist eine Silbermedaille auf diesem Welt-Niveau doch wohl auch aller Ehren wert und ein weiterer großer Erfolg des SKV Rot Weiß Zerbst. Doch der Zweite ist eben leider in vielen Köpfen der erste Verlierer. 

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